Programm 2021

– die Tagung musste als Folge der pandemiebedingten Restriktionen abgesagt werden – 

Geplante Vorträge 

Prof Dr. Dirk Baecker (Universität Witten/Herdecke): „Auf dem Weg in die postdigitale Gesellschaft“ mit anschließender Diskussion
Digitalisierung war gestern. Die postdigitale Gesellschaft ist das Schlagwort der Stunde. Und tatsächlich geht es schon längst nicht mehr um die Einführung des Computers, seiner Programme, Netzwerke und Algorithmen in die Gesellschaft, sondern umgekehrt um die Einbettung gesellschaftlicher Prozesse und menschlicher Erwartungen in die von elektronischen Medien, digitalen Apparaten und neuen Plattformen gebotenen Möglichkeiten. Es geht um das Design analoger Schnittstellen zu den Medien künstlicher Intelligenz. Für die Online-Beratung bedeutet das, dass hinter jeder Beratungsleistung beides spürbar sein muss, die künstliche Intelligenz der Berechnung großer Datenmengen und die menschliche Intelligenz der klugen Auswahl und sinnvollen Zwecke. Wie bekommt man diese beiden Anforderungen unter einen Hut?

Prof. Dr. Dirk Baecker hat den Lehrstuhl für Kulturtheorie und Management an der Universität Witten/Herdecke inne. Zuletzt erschienen seine Bücher 4.0 oder Die Lücke die der Rechner lässt (Merve Verlag, 2018) und Intelligenz, künstlich und komplex (Merve Verlag, 2019)

 

Prof. Dr. Sebastian Sierra Barra (Evangelische Hochschule Berlin): „Gesellschaft im Wandel der Digitalisierung“ mit anschließender Diskussion
Digitalisierung hat sich zu einer globalen Kulturpraxis menschlicher Selbstorganisation entwickelt. Medientechnologische Umwelten werden zunehmend mit individuellem Verhalten interaktiv und kooperativ verbunden. Diese digitalen Praxen verändern dabei nicht nur unser Selbst-Verständnis und unsere Wahrnehmung von Weltzusammenhängen, sondern betreffen die soziale Verfassung von Gesellschaften. Derzeit erleben wir einen Kampf um soziale Zusammenhänge: Auf der einen Seite werden soziale Beziehungen zunehmend zum Gegenstand von Datenökonomien großer Plattformunternehmen erklärt, auf der anderen Seite wird „Gesellschaft“ verteidigt. Es mangelt nicht nur an Ideen, wie man legitimatorisch, demokratisch, zivilisatorisch mit der neuen nach-gesellschaftlichen Ausgangslage der Menschen-Computer-Netzwerke umgehen soll. Vielmehr fehlt bis heute ein grundlegendes Verständnis der Beziehung von Mensch und Technologie. Auch für die Online-Beratung wäre es fahrlässig, ,„Mensch“ jenseits seiner technologischen und medialen Erfindungen anzusiedeln. Sie sollte sich mit der sozialen Einheit Mensch-Computer auseinandersetzen. 

Prof. Dr. Sebastian Sierra Barra ist Medienanthropologe und lehrt Organisationsentwicklung an der Evangelischen Hochschule Berlin. Zuletzt erschien sein Aufsatz „Beteiligung im Zeitalter digitaler Infrastrukturen“ im Jahrestagungsband der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit „Wandel der Arbeitsgesellschaft“ (Hg. Steckelberg Cl. / Thiessen, B. 2020).

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Folgende Workshops waren geplant:

WS 1. „Pfadfindereien durch die Hintertüren der Worte“ – Klaus Obermeyer, Institut Triangel, Hamburg 
Kurzbeschreibung: Unabhängig von Kanalreduktionen und neuen medialen Rahmungen bleibt der Stellenwert der Sprache in der Online-Beratung unangetastet. Vielleicht wird er hier überhaupt erst ins rechte Licht gerückt. Im Workshop soll das kreative Potenzial einzelner Schlüsselworte in den Erzählungen von Klient*innen und Berater*innen für die Onlineberatung untersucht werden. Der russische Literaturwissenschaftler Michail Bachtin hat in seinem Konzept des „Dialogismus“  die Entstehung von Bedeutungen an der Grenze zweier Bewusstseine beschrieben. Er spricht von der Vieldeutigkeit und den „Hintertüren“ einzelner Worte und kann uns damit für die weitreichenden Entwicklungsräume sensibilisieren, die hinter Schlüsselworten verborgen sein können die in der Beratung auftauchen. Nach einer knappen theoretischen Skizze zu Bachtins Denken, gibt es im Workshop Gelegenheit, entlang eines oder mehrerer konkreter Fallbeispiele, den Bedeutunsgräumen hinter den Worten nachzuspüren und deren Relevanz für die Onlineberatung abzuwägen.

WS 2. „Online-Migrations-Beratung“ – Nadezhda Krainenko, IN VIA München e.V. 
Kurzbeschreibung: Migrationsarbeit ist ein breites Spektrum. JMD4YOU leitet seit über 10 Jahre Online-Beratung und Informationsauskunft für bereits neuzugewanderte junge Leute und für die, die ihre Zuwanderung nach Deutschland noch planen. Im Workshop gehen wir auf folgende Aspekte ein: a) Unterschiede der Online-Beratung zur Face-to-Face Beratung im Migrationskontext; b) Systemunterschiede darstellen und im Text vemitteln; c) Beratung in einer Fremdsprache vs. Beratung in der Muttersprache; d) Gestaltung der Beratung im Online-Format, e) Verständigungsfragen und Rückmeldungen

WS 3. „Cyberstalking: Formen und Hilfen für Betroffene” – Beate M. Köhler, Anti-Stalking-Projekt Berlin Kurzbeschreibung: Der WS informiert über die Varianten des Cyber-Stalking und die Möglichkeiten, die vorwiegend weiblichen Opfer zu begleiten, emotional stärken und über rechtliche Möglichkeiten zur Stalking-Abwehr. Frau Simon wird außerdem einige IT-Basics vorstellen, durch deren Einsatz die Angriffsfläche des Cyber-Stalkers begrenzt werden und das elektronische Nachstellen zumindest erschwert werden kann.

WS 4. „Chatberatung mit hochstrittigen Familien“ – Jana Rakel, SOS-Kinderdorf Lausitz, in Kooperation mit der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) 
Kurzbeschreibung: Der Workshop informiert über konzeptionelle Gedanken, Möglichkeiten und Chancen, Trennungs- und Scheidungsberatung online in einem Chat durchzuführen.

WS 5. „Geschlechtliche Vielfalt in Online-Beratung“ – Charlotte Wunn, Bundesverband Intersexuelle Menschen e.V., Hamburg 
Kurzbeschreibung: Geschlechtliche Vielfalt ist nach wie vor ein gesellschaftliches Tabu und kann für Betroffene belastend sein. Gerade in akuten Krisensituationen kann es sein, dass sie sich an Beratungsstellen wenden, die über den Themenbereich nicht ausreichend informiert sind. Im Rahmen des Workshops wird erklärt, was Intergeschlechtlichkeit ist, mit welchen Fragen sich intergeschlechtliche Menschen an online Beratungsstellen wenden könnten und wie Berater:innen agieren können. Es wird außerdem auf bestehende Möglichkeiten der (online) Peer-Beratung für intergeschlechtliche Menschen hingewiesen.

WS 6. „Online-Beratung bei Suchtkranken“ – Verena Küpperbusch, Landesfachstelle Glücksspielsucht NRW 
Kurzbeschreibung: Sucht ist in der Regel ein Hinweis auf eine Vielzahl von Problemen. Dabei sind die Folgen der Suchterkrankung meist der Auslöser, weshalb Ratsuchende sich an die Onlineberatung wenden. In diesem Workshop lernen Sie Möglichkeiten kennen, wie Sie mit dem Thema Sucht in der Onlineberatung umgehen können. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den besonderen Herausforderungen im Umgang mit Abhängigen und Angehörigen von Suchtkranken.