Immer mehr Angebote entstehen im Netz, die als „Hilf-dir-Selbst“ Baukästen aufgebaut sind. Die Ratsuchenden sind dabei selbst verantwortlich für die richtige Kombination der angebotenen Bausteine und damit letztlich für den Beratungs- bzw. Therapieerfolg.

So verfährt auch das Angebot Herzwerkstatt Deutschland (Herzwerkstatt). Hier heißt es unter anderem:

„Das Konzept erfolgt Schritt für Schritt unter konkreter und leicht verständlicher Anleitung. Wähle und kombiniere die verschiedenen Themen, ganz so, wie Du sie gerade benötigst. Du erhältst vertiefende „Hausaufgaben“ zu dem von Dir gewählten Thema und hast abschließend die Möglichkeit, uns zu jedem Baustein eine Frage zu senden, die wir Dir ganz persönlich und zeitnah beantworten.“

Die Entwicklung in Richtung automatisierte Beratung ist bedenklich. Einmal deshalb, weil sie dem „schnellen Geld“ verpflichtet scheint, zum anderen deshalb, weil die Bedeutung der „lebendigen“ Fachkraft als Voraussetzung für eine fachliche korrekte Leistungserbringung mehr und mehr relativiert wird. Sollte dieser Entwicklung Erfolg beschieden sein, braucht es un Zukunft nur weniger Spezialisten, um Bausteine und Checklisten zu entwickeln. Erstere werden von den Klienten wie ein Baukasten benutzt, letztere dienen zur Feststellung des Beratungs- respektive Therapieerfolgs durch den Klienten. Den Verbänden, die sich als Statthalter der Präsenzberatung sehen, müsste diese Entwicklung zu denken geben. Angenommen, die Ratsuchenden nehmen zunehmend öfter solche Angebote in Anspruch und berichten abschließend von Erfolgen, stellt das die aktuelle Form der Leistungserbringung in Frage. Die Präsenzberatung könnte angesichts der Kosten, die die Sozial- und Krankenkassen für ambulante Beratung und Behandlung ausgeben müssen, unter massiven (finanz-)politischen Druck geraten.

Automatisierte Beratungsangebote setzten das Fachkräfte-Monopol außer Kraft. Bislang gilt die federführende Mitwirkung einer qualifizierten Fachkraft als Voraussetzung für die sach- und fachgerechte Leistungserbringung.  Wenn Ratsuchende mit Hilfe von Baukästen in die Lage versetzt werden, ihre Probleme ohne eine direkte menschliche Ansprechpartnerin zu lösen, entsteht mittelfristig ein (vorhersehbares) Legitimationsproblem für alle Leistungsformen, die auf dialogischen Verfahren beruhen. So ist auch die Online-Beratung, wie die DGOB sie versteht, eine Form, die einen Dialog zwischen „echten“ Menschen voraussetzt und unterstellt. Es gilt: qualitätsgesicherte Online-Beratung wird von speziell dafür ausgebildeten Fachkräften geleistet, ohne Zuhilfenahme von Textbausteinen oder anderen Formen der Automatisierung. Antworten sind je individuelle Reaktionen auf menschliche Anliegen, von Mensch zu Mensch, auf persönlicher Zuwendung basierend. Womit noch einmal deutlich wird, dass so verstandene telemediale Beratung auf Zuwendung beruht, wenn auch unter Verzicht des Sich-Sehen- und Hören-Könnens.