Und wieder verspricht eine Software das „Blaue vom Himmel“: Snapchat, die Wunderwaffe in der Welt der digitalen Kommunikation. Um welche Welt geht es hier: „Alle diese Plattformen kämpfen um das Allerheiligste, das ein Nutzer ihnen geben kann: seine Aufmerksamkeit. Bedenkt man die Menge an Information und Eindrücke, die täglich über Soziale Netzte auf uns einwirken, sind 30 Sekunden der Zeit eines anderen Menschen ‚pures Gold’“ (Quelle: Snapchat). Versprochen wird ein „persönlicher Ort, der weitaus mehr Privatsphäre und Sicherheit bietet als alle anderen Social-Media Plattformen. Snaps und Stories werden in realtime erstellt und veröffentlicht und nach 24 Stunden automatisch gelöscht.“ Hierzu kann man nur sagen: Wer’s glauben will, ist bereits selig, er/sie muss es nicht erst werden.

Und inhaltlich: „Der Content ist zeitlich begrenzt, das bedeutet, keine großen Umschreibungen oder das Aufblähen des eigenen Bullshits. Du musst sagen, was du zu sagen hast und das in 15 Sekunden. Das zwingt die Nutzer zu mehr Qualität und weniger Quantität in ihren Beiträgen. Natürlich besteht die Möglichkeit, mehrere Snaps hintereinander zu versenden, jedoch bist du weiterhin verpflichtet, etwas Hochwertiges abzuliefern, bis die Zeit abgelaufen ist.“ Sieht so die Zukunft der Beratung und des Coaching aus? Statt Entschleunigung noch mehr Zeitdruck? „Content auf Snapchat hat einen wesentlich höheren Wert als in jedem anderen sozialen Netzwerk. Aus einem einfachen Grund: er hat ein Ablaufdatum. Für mich ist das das wichtigste Feature von allen, dein Publikum muss aufmerksam sein und dir zuhören, denn wenn sie zu früh oder zu spät da sind, werden sie etwas verpassen. Das gibt Beratern die Möglichkeit, ihren wichtigsten Content, auf einer persönlichen Ebene und ohne Verlust von Eigentumsrechten an ihren Kunden oder potenziellen Auftraggeber zu bringen.“ Aufmerksamkeit wird hier einseitig als Aufmerksamkeit gegenüber äußeren Impulsen verstanden, Selbstaufmerksamkeit (die immer wieder trainiert und in einigen Fällen regelrecht erlernt werden muss) ist anscheinend nicht länger notwendige Voraussetzung für Verstehen und sich anschließende Veränderung.

Oh du schöne neue Coaching-Welt …