Das Institut für Lerninnovation an der Hochschule Erlangen-Nürnberg (ILI) hat zusammen mit der media k GmbH untersucht, unter welchen Voraussetzungen online-Instrumente für Beratung und Therapie eingesetzt werden können. Ein Fokus lag auf der Beantwortung der Frage, wie insbesondere junge Menschen und junge Flüchtlinge mit Hilfe der so genannten „neuen“ Medien erreicht und unterstützt werden können. Die Umfrage in acht europäischen Ländern war Teil des von der EU geförderten „Therapy 2.0“-Projekts.

Eine Presseinformation mit wichtigen Ergebnissen finden Sie hier: PresseinformationTherapy2_0_260417.

Nicht überraschend, aber doch befremdlich: auch im Jahr 2017 beherrschen in Deutschland die Bedenken gegen telemediale Beratung und Therapie das Meinungsbild. Zwar wird ein steigender Beratungsbedarf bei gefährdeten Jugendlichen konstatiert; ebenfalls wird zugegeben, dass Jugendliche über die Telemedien gut bis sehr gut erreichbar seien. Dennoch hält sich das (Vor-)Urteil hartnäckig, dass telemediale Beratungsformen schnell an Grenzen kommen (wobei selten expliziert wird, worin diese Grenzen genau bestehen und ob die Grenzen die „beraterische Kunst“ oder die (unterstellte) mangelnde schriftliche Kommunikationsfähigkeit der Ratsuchenden betreffen) und unpersönlich seien. Diese Argumente machen vor allem deutlich, dass die in Frage kommenden Berufsgruppen selbst sich nur rudimentär oder überhaupt nicht mit den Möglichkeiten des Mediums „Text“ auseinandersetzen. Angesichts der tatsächliche Entwicklung der allgemeinen Kommunikation in der (post-)modernen Gesellschaft ist diese distanzierte Haltung kaum nachvollziehbar. Denn es ist kaum zu verkennen: die Schrift verdrängt in vielen Bereichen das gesprochene Wort, kommuniziert wird umfänglich schriftbasiert. Dabei behauptet die Beratungsprofession von sich selbst, sie beobachte die gesellschaftlichen Entwicklungen genau und biete an die jeweiligen Probleme angepasste Hilfen an. Der telemedialen Kommunikation gegenüber hält sich die Mehrheit jedoch bedeckt oder verweigert sich. Was zu der Frage führt, bei wem die Gründe für diese Haltung zu suchen sind?